Klare Ansage für das Recht von Betroffenen, Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) zu beantragen – jetzt muss europäisches Recht direkt angewendet werden. Diese Entscheidung hat heute Generalanwältin Juliane Kokott dem Europäischen Gerichtshof empfohlen. Ein anderes Ergebnis gilt als praktisch ausgeschlossen. Konsequenz: Auch die UVP-Anträge der Freileitungsgegner müssen behandelt werden.
Foto: Auf den Europäischen Gerichtshof (Abb.: offizielles Logo) richten sich nun die Hoffnungen für eine Lösung im Sinne der Umwelt.
Der Präzedenzfall für die 110-kV-Freileitung kam zum rechten Moment. Während eine ganze Batterie von Bewilligungen durch österreichische Fachbehörden mit durchgängig umstrittenen Begründungen die Leitung förmlich durchwinkten, hatten betroffene Nachbarn der Trasse (neben den Gemeinden) beantragt, eine UVP für das Projekt durchzuführen. Denn: Gravierende Eingriffe in Natur (vor allem Wald) und Landschaftsbild durch die Freileitung liegen auf der Hand – auch die Behörden selbst bestreiten das nicht. Ein Erdkabel würde die Schäden vermeiden. Grund genug also zu prüfen, ob nicht von Anfang an eine UVP erforderlich gewesen wäre.
Genau dies wurde den Betroffenen jedoch verweigert, und zwar nur mangels Antragsberechtigung. Das entspricht zwar bisheriger österreichischer Rechtsprechung, doch die hätte sich dem Europäischen Gerichtshof zu beugen. Dass der Präzedenzfall nichts mit Hochspannungsleitungen zu tun hat, ändert nichts an den allgemeinen Hinweisen der Generalanwältin, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. "Vielmehr sind auch Nachbarn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit und können sich daher auf die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung berufen", hält sie der Gegenpartei des ursprünglichen Verfahrens entgegen.
Eine 110-kV-Leitung wie die im Alm- und Kremstal geplante wäre allerdings nach rein inländischer Rechtsauslegung nicht UVP-pflichtig. Doch auch dazu liefern die Schlussanträge Kokotts (Foto rechts) aufschlussreiche Hinweise: Wenn erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt absehbar sind, kann sich nationales Recht nicht damit aus der Affäre ziehen, dass bestimmte Schwellenwerte für eine UVP nicht erreicht seien. Genau darum geht es aber im Fall der geplanten Freileitung der Energie AG. Mehrere Verfahren vor Verwaltungsgerichten haben derzeit mit solchen Beschwerden zu tun: Stets haben Behörden in erster Instanz die Anträge auf Durchführung einer UVP als unzulässig erklärt. Dieser Standpunkt dürfte sich nun als unhaltbar erweisen. Er widerspricht der verbindlichen Richtlinie der EU.
Die Schlussanträge von Generalanwältin Juliane Kokott im vollen Wortlaut finden Sie hier.
Die Presseaussendung der List Rechtsanwalts GmbH finden Sie im Anhang. (Dr. List vertritt auch die Beschwerdeführer in Sachen UVP-Anträge in unserer Sache.)
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Presseaussendung List.pdf | 865.27 KB |
Verfasst von 110kV ade am 13. November 2014 - 15:29
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