Wir erinnern uns: Die BH Kirchdorf hat die 110-kV-Freileitungspläne bei der naturschutzrechtlichen Prüfung im Januar 2014 anstandslos durchgewunken. Einer der schon im Vorfeld eingebundenen Beamten: Gottfried Schindlbauer. Ausgerechnet er hat jetzt einen leidenschaftlichen Leitartikel für das Magazin Informativ des Oö. Naturschutzbundes geschrieben. Seine Worte heute hätten ihn eigentlich damals gegen die Leitung Sturm laufen lassen müssen. Doch zumindest öffentlich hat er nie ein Ohrwaschel gerührt…
Foto (© Land OÖ/Dedl): Fordert eine "Trendumkehr": Dr. Gottfried Schindlbauer, Leiter der Abtleilung Naturschutz im Amt der Oö. Landesregierung
"Der Erholungswert der Natur hängt mit der Qualität des Landschaftsbildes zusammen… Gerade diese Landschaften mit ihrer Vielfalt und Harmonie werden durch unsere Aktivitäten und Kurzsichtigkeit nachhaltig verändert, ja zerstört… Durch infrastrukturelle Maßnahmen verschiedenster Art … geht vor allem auch die für unsere Gesundheit wichtige Vielfalt verloren… Die Wege zu den Erholungsräumen werden daher, mit allen Konsequenzen für die Umwelt, länger… Nur durch das Bewusstsein dieses Wertes in breiteren Bevölkerungsschichten wird eine Trendumkehr möglich sein." – so die Kernsätze des Artikels.
Eine Trendumkehr hängt aber vielmehr von Politik und Behörden ab. Denn sie waren es, die nicht nur diese schönen Bekenntnisse bei der naturschutzrechtlichen Bewilligung der Freileitung radikal missachtet haben. Sie haben sich auch geweigert, bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen, dass mit der Erdkabel-Lösung dem Natur- und Landschaftsschutz so gut wie gar kein Schaden entsteht, während die Stromversorgung ebenso gut gewährleistet ist.
Unterlassene Hilfeleistung
Schindlbauer wusste dies alles ganz genau, ebenso wie sein politischer Chef Landesrat Haimbuchner. Mehrfach haben Gespräche mit "110 kV ade!" dazu stattgefunden, ausführliche Dossiers lagen auf ihren Schreibtischen – oder gleich in den Schubladen? Haimbuchner hat sein Versprechen gebrochen: "Der Einzige der euch hilft, bin ich. Bei mir machen meine Beamten, was ich will…" Die Frage ist daher: Wollte Schindlbauer nicht, oder durfte er nicht? Denn auch wenn die BH als Behörde gesetzlich zuständig ist: Die Möglichkeit einer Weisung "von oben" hätte es gegeben. Sie wurde ebenso wenig genutzt wie der Versuch einer Beschwerde gegen die Bewilligung.
Selbst eine reine Meinungsäußerung Schindlbauers wie diese jetzt wäre damals hilfreich gewesen – nichts davon! Eine optimistische Interpretation des Leitartikels ist, dass sich eine Trendumkehr in der Landespolitik andeutet (siehe Prüfung der Erdkabel-Alternative auf Geheiß Pühringers) und dass das nun eine Art Begleitmusik dazu ist. Skeptiker werden eher glauben, dass sich das Land (welcher Politiker wird denn mit der Abteilung Naturschutz identifiziert?) vor der Wahl gut darstellen will. Die bisherige Erfahrung bestätigt eher Letzteres. Aber Überraschungen sind der Region sicher willkommen. Man wüsste es halt gerne verbindlich!
Verfasst von 110kV ade am 16. September 2015 - 6:59
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